Wernigeröder sollen Defizite der Kulturkirche zahlen

Wernigerode, 20. Mai 2024: 480.000 Euro! Das ist die Summe, die die Wernigeröder Tourismus GmbH (WTG) künftig jährlich für den Betrieb der Kulturkirche aufwenden soll. Da die WTG ein Tochterunternehmen der Stadt ist, heißt das im Klartext, dass die Steuerzahler nun die Defizite des Konzerthauses schultern sollen. Ein entsprechender Antrag des OB Tobias Kascha (SPD) liegt den Stadträten seit dieser Woche vor.

Sollte der Deal nicht zustande kommen, droht der Kulturstiftung von Stadtrat Rainer Schulze (SPD) vielleicht die Insolvenz. So geht es aus der Begründung des Antrags hervor. Deshalb soll das Konzerthaus nun schnell, kultur- und schwungvoll an den neuen Betreiber, die WTG, übergeben werden. Rainer Schulze soll mit seiner Kulturstiftung dann monatlich eine fixe Miete in Höhe von 9375 € zzgl. Mehrwertsteuer für die Kulturkirche erhalten.

Im Jahr 2019 klang das noch ganz anders: Damals versprachen Ex-OB Peter Gaffert und Stadtrat Matthias Winkelmann (CDU), dass durch das Konzerthaus eine „dauerhafte Kostenreduzierung für die Stadt“ im Kultur- und Veranstaltungsbereich möglich werden würde. Ihr gemeinsames Ziel war es, im Stadtrat eine Mehrheit für hohe Subventionen zusammenzubringen, die für den Umbau der ehemaligen Kirche zum Konzerthaus nötig waren. „Eine Beteiligung der Stadt Wernigerode an den anfallenden Bewirtschaftungskosten“, so hieß es in der damaligen Beschlussvorlage, sei „ausgeschlossen.“ Nun hat die Realität die Maßlosen, die Vielversprecher und die Rechenkünstler eingeholt.

Bleibt die spannende Frage, wie sich der Stadtrat entscheiden wird. Die Stadtkasse ist leer. Steuern und Gebühren sind bereits kräftig gestiegen, trotzdem klaffen Millionenlöcher in den nächsten Haushalten. Um die Kulturkirchen-Defizite zu finanzieren, soll zunächst die Kurtaxe angehoben werden. Das dürfte erstens kaum ausreichen und zweitens die Vermieter von Ferienwohnungen besonders freuen. Aber vielleicht kommt die Mehrheit der Stadträte auch zur Vernunft und sagt einfach „Nein“ zur geplanten Übernahme von Kulturkirche und neuen Defiziten.

Autor: Thomas Schatz