Der Vorhang fällt: Stadtrat beschließt Kulturfusion

Der Stadtrat hat am 8. Mai 2025 die Fusion des Philharmonischen Kammerorchesters Wernigerode (PKOW) mit der Harztheater gGmbH beschlossen. Damit wird die Stadt Wernigerode Gesellschafterin der Theatergesellschaft und übernimmt künftig auch anteilig die Defizite. Die Deckung der Verluste aus dem Betrieb der Spielstätte in der Liebfrauenkirche hatte der Stadtrat schon im Jahr 2024 zugesagt.

Die Fraktion BfW/FDP war die einzige, die in der Fusionsdebatte auf die langfristigen finanziellen Auswirkungen dieser Entscheidungen hingewiesen und ein tragfähiges Alternativmodell vorgelegt hat. Nach unseren Berechnungen könnten sich die jährlichen Belastungen für die Stadt infolge der Beteiligung an der Harztheater gGmbH und der Verlustdeckung der Liebfrauenkirche perspektivisch auf bis zu eine Million Euro summieren.

Klar ist: Kultur kostet Geld. Das darf auch so sein. Aber die Mittel, die nun in diesen kleinen Teil der Wernigeröder Kulturlandschaft fließen, sind überproportional und werden an anderer Stelle fehlen“, kritisiert Thomas Schatz, Fraktionsvorsitzender der BfW/FDP.

Unser Alternativvorschlag sah vor, auf eine Beteiligung an der Harztheater gGmbH zu verzichten und stattdessen jährlich über 500.000 Euro gezielt in das Programm der Kulturkirche Liebfrauen zu investieren. Auf diese Weise hätte die Stadt ein hochwertiges kulturelles Angebot für Wernigerodes Musikfreunde dauerhaft sichern können, ohne finanzielle Risiken einzugehen. Bestandteil dieses Modells wäre es gewesen, das PKOW zum 1. Januar 2029 geordnet aufzulösen.


Alternativvorschlag der BfW/FDP-Fraktion ansehen


Realismus und finanzpolitische Verantwortung waren jedoch nicht gefragt. Eine breite Mehrheit im Stadtrat wies diesen Vorschlag jedoch zurück. Die Sicherung des Orchesters hatte für sie oberste Priorität – selbst auf Kosten finanzieller Planungssicherheit. Haushaltsfragen traten dabei offenkundig in den Hintergrund.


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Da von Beginn an klar war, dass unsere Überlegungen wenig Chancen auf eine Mehrheit haben würden, brachten wir uns in den Fusionsprozess ein, um das Schlimmste zu verhindern. So ist es den Anregungen unserer Fraktion zu danken, dass es gelang, den Fusionsvertrag – auf der Zielgeraden – substanziell zu verbessern. Dadurch ist sichergestellt, dass die Zahl der festangestellten Musikerinnen und Musiker klar definiert ist, das Orchester weiter über eine eigenständige künstlerische Leitung verfügt und unklare Rechtsbegriffe durch überprüfbare, einklagbare Vorgaben ersetzt werden. So bleibt das PKOW auch unter dem Dach der Harztheater gGmbH ein eigenständiger Klangkörper mit erkennbarer künstlerischer Identität.


Antrag zur Qualifizierung des Fusionsvertrags ansehen


Mit dem Ratsbeschluss übernimmt die Stadt Wernigerode eine langfristige finanzielle Verpflichtung. Wir werden den weiteren Verlauf aufmerksam begleiten und darauf dringen, dass der städtische Kulturetat nicht aus dem Gleichgewicht gerät – und andere Bereiche der kommunalen Verantwortung nicht unter dieser Entscheidung leiden.

Unser Standpunkt bleibt klar: Kulturförderung braucht Verlässlichkeit – aber ebenso Augenmaß, Transparenz und finanzielle Solidität.