GrundsTEUERreform: Wer zahlt mehr in WR?

Die Grundsteuerreform steht vor der Tür, und für viele Bürger in Wernigerode könnte dies spürbare Auswirkungen haben. Doch was ändert sich, und warum müssen einige Eigenheimbesitzer möglicherweise bald deutlich tiefer in die Tasche greifen?

Was ist die Grundsteuer?

Zunächst einmal: Die Grundsteuer betrifft jeden, Grundstücks- und Wohnungseigentümer, aber auch Mieter. Sie ist eine kommunale Steuer, die direkt in den Haushalt der Stadt fließt. Dabei unterscheidet man zwischen der Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Flächen und der Grundsteuer B für Wohn- und Gewerbeflächen. Jedes Jahr verschickt die Stadt etwa 11.000 Grundsteuerbescheide.

Wie wird die Grundsteuer berechnet?

Die Berechnung der Grundsteuer folgt einer einfachen Formel: Der Wert des Grundbesitzes wird mit einer Steuermesszahl und dem sogenannten Hebesatz multipliziert. Interessanterweise kann die Stadt nur den Hebesatz direkt beeinflussen. In Wernigerode liegt dieser aktuell bei 400 Punkten für die Grundsteuer B und beschert der Stadt ca. 3,9 Millionen Euro Einnahmen jährlich.

Auswirkungen der Reform

Weil die bisherige Berechnung auf stark veralteten Grundstückswerten basierte, sollte die Grundsteuerreform eigentlich für mehr Gerechtigkeit sorgen. Die – angeblich – unerwarteten Folgen sorgen nun aber für eine wachsende Ungerechtigkeit:

  1. Entlastung für Gewerbeimmobilien: Viele Gewerbegebiete befinden sich am Stadtrand oder in Gegenden mit vergleichsweise niedrigen Grundstückspreisen. Nach der neuen Berechnungsmethode führt dies zu einer Verringerung der Messbeträge für diese Flächen. Für Wernigerode bedeutet das konkret: Ohne Anpassung würde die Stadt etwa 700.000 Euro weniger einnehmen.
  2. Höhere Belastung für Neubauten: Besitzer neuerer Wohnimmobilien trifft es härter. Wer in den letzten Jahren ein Eigenheim gebaut hat, besitzt in der Regel eine hochwertige Immobilie in einer guten Lage. Diese Eigenschaften führen nach dem neuen Berechnungsmodell zu einer höheren Bewertung und somit zu einer stärkeren steuerlichen Belastung.
  3. Kaum Änderungen für Altbauten: Für Eigentümer älterer Häuser wird sich unter dem Strich voraussichtlich nicht viel ändern. Ihre Immobilien werden zwar neu bewertet, aber die Wertentwicklung über die Jahrzehnte gleicht sich oft mit den Änderungen in der Berechnungsmethode aus.
  4. Indirekte Auswirkungen auf Mieter: Auch Mieter könnten betroffen sein, da Vermieter die Grundsteuer als Teil der Nebenkosten weitergeben können. Eine Erhöhung der Grundsteuer könnte somit zu steigenden Mieten führen.

Um die drohenden Steuerausfälle aus den Gewerbegrundstücken auszugleichen, müsste die Stadt den Hebesatz voraussichtlich von 400 auf 550 Punkte erhöhen. Dies träfe besonders hart die Eigentümer neuer Einfamilienhäuser, da sie nicht nur mit einer höheren Bemessungsgrundlage, sondern auch mit einem möglicherweise erhöhten Hebesatz konfrontiert werden.

Beispiele für Steuererhöhungen

Zwei Beispiele verdeutlichen die Auswirkungen, bei einer angenommenen Erhöhung des Hebesatzes von 400 auf 550 Punkte:

  • Bei einem durchschnittlichen Alt-Eigenheim könnte die Grundsteuer von bisher 180 Euro auf 200 Euro steigen.
  • Bei einem Neubau ist der Anstieg noch drastischer – von 190 Euro auf etwa 360 Euro.

Mögliche Lösungsansätze

Um diese ungleiche Belastung abzumildern, wird in der Landespolitik über die Einführung von zwei verschiedenen Hebesätzen nachgedacht: einen niedrigeren für Wohngrundstücke und einen höheren für Nicht-Wohngrundstücke. Allerdings stellt dies die Stadt vor technische Herausforderungen, da die Steuer-EDV für solche Differenzierungen nicht ausgelegt ist.

Jetzt muss es fix gehen

Eine Lösung darf jedenfalls nicht lange auf sich warten lassen. Denn ohne eine verlässliche Schätzung der Steuereinnahmen ist es nur schwer möglich, einen – ohnehin löchrigen – Haushalt für das kommende Jahr im Stadtrat zu beschließen. Es wird erwartet, dass der Stadtrat in den nächsten Monaten intensive Diskussionen führen und bis spätestens Mitte 2025 eine Entscheidung über den neuen Hebesatz treffen wird.