„Neues Denken“ im Rathaus?

Die Stadt Wernigerode steht vor erheblichen finanziellen Herausforderungen. Angesichts steigender Ausgaben bei gleichbleibenden Einnahmen verzeichnet der kommunale Haushalt jährlich Millionendefizite. Ein Großteil der städtischen Ausgaben, etwa 38,5 Millionen Euro pro Jahr, entfällt auf Personalkosten. Dies entspricht nahezu der Hälfte des gesamten städtischen Budgets. Durch die zu erwartenden Tarifsteigerungen droht sich die Situation weiter zu verschärfen.

Einrichtung eines temporären Personalausschusses

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat der Stadtrat am 17.10.2024 auf Antrag der CDU-Fraktion einen temporären Personalausschuss ins Leben gerufen. Dessen vorrangiges Ziel ist es, die Effizienz der Stadtverwaltung zu steigern und deren Strukturen zu verschlanken. Thomas Schatz, Stadtrat und Vorsitzender der Fraktion BfW/FDP, sagt, dass seine Fraktion den Antrag geschlossen unterstützt habe. Er erläutert auch Sinn und Zweck des neuen Personalausschusses: „Bisher war es üblich, jede frei werdende Stelle im Rathaus automatisch nachzubesetzen. Künftig soll im Einzelfall geprüft werden, ob eine Nachbesetzung notwendig ist.“ Als Alternativen nennt Schatz die interne Neuverteilung von Aufgaben oder die Umgestaltung von Arbeitsprozessen. „Darüber soll im Ausschuss diskutiert werden.“

Anpassung von Verwaltungsstandards

Ein weiterer Schwerpunkt des Ausschusses liegt auf der Überprüfung bestehender Standards für Verwaltungsleistungen. „Es geht nicht darum, Leistungen einfach zu streichen, sondern sie effizienter zu gestalten“, betont Schatz. Als Beispiel nennt er eine mögliche Anpassung von Öffnungszeiten städtischer Einrichtungen an die tatsächliche Nachfrage, um Personalressourcen optimal zu nutzen und Kosten zu senken.

Finanzielle Entlastung der Bürger im Fokus

Die Reduzierung der Personalkosten soll dazu beitragen, drastische Steuer- oder Gebührenerhöhungen für Bürger und Unternehmen zu vermeiden. „Die Personalkosten sind der größte Ausgabenposten im städtischen Haushalt“, erklärt Schatz. „Eine detaillierte Prüfung ist notwendig, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren und die städtischen Finanzen zu entlasten.“

Chance durch demografischen Wandel

Ein weiteres Argument für den Personalausschuss ist der bevorstehende Ruhestand vieler Rathausmitarbeiter. Nach Ansicht vieler Stadträte bietet sich deshalb eine einmalige Chance für Veränderungen in der Verwaltung. Auch Thomas Schatz sieht darin die Möglichkeit, „gezielt Einfluss zu nehmen und notwendige Strukturanpassungen einzuleiten“. Der Personalausschuss soll diesen Prozess aktiv begleiten und gestalten.

Auch der Personalausschuss muss sich bewähren

Es wird deutlich: Ein Festhalten an alten Gewohnheiten ist angesichts der finanziellen Lage Wernigerodes keine Option mehr. Die Stadt braucht ein „Neues Denken“, um ihre Haushaltsprobleme in den Griff zu bekommen. Ob der Personalausschuss diese Hoffnungen erfüllen kann, bleibt abzuwarten. In einem Jahr wollen die Stadträte Bilanz ziehen und entscheiden, ob der Ausschuss seine Arbeit fortsetzen wird.

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